ErbStR zu §1 ErbStG - R E 1.2 Familienstiftungen und Familienvereine

R E 1.2 Familienstiftungen und Familienvereine

 

(1) 1Vermögen  einer  inländischen  Familienstiftung   1  Absatz 1  Nummer 4,  § 2  Absatz 1  Num- mer 2 ErbStG) unterliegt in Zeitabständen von je 30 Jahren der Ersatzerbschaftsteuer. 2Die Steuer- pflicht setzt voraus, dass die Stiftung an dem für sie maßgebenden Besteuerungszeitpunkt (> § 9 Ab- satz 1 Nummer 4 ErbStG) die Voraussetzungen für eine Familienstiftung erfüllt. 3Die Steuerpflicht ent- fällt hiernach, wenn eine Familienstiftung vor diesem Zeitpunkt aufgelöst oder durch Satzungsände- rung in eine andere Stiftung (z.B. Unternehmensstiftung) umgewandelt wird.

 

(2) 1Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte be- zugs- oder anfallsberechtigt (Destinatäre) sind 15 Absatz 2 AStG). 2Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG ist auch dann gegeben, wenn die genannten Destinatäre zu mehr als einem Viertel bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzliche Merkmale ein „wesentliches Familieninteresse“ belegen. 3Dies kann insbesondere dann gegeben sein, wenn die Familie wesentli- chen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung hat. 4Bereits die Bezugsberechtigung der in den Satzungen bezeichneten Familienangehörigen prägt das Wesen als Familienstiftung, auch wenn Aus- schüttungen bisher nicht vorgenommen worden sind. 5In welchem Umfang die Stiftung ihre Erträge thesauriert, ist für die Bezugsberechtigung der Destinatäre ohne Bedeutung.


 

 

(3) 1Unter den wesentlichen Familieninteressen sind Vermögensinteressen im weitesten Sinne zu verstehen. 2Dazu gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien und ihre Mitglieder aus dem Stiftungsvermögen ziehen. 3Die Stiftung dient diesen Vermögensinteressen dann wesentlich, wenn nach der Satzung oder dem Stiftungsge- schäft deren Wesen darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen oder die Stiftungserträge an sich zu zie- hen. 4Darunter fallen insbesondere auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des Stiftungsver- mögens, wie

 

1.     die Nutzung der stiftungseigenen Immobilien zu Wohnzwecken,

 

2.     der Einsatz des Personals der Stiftung für Arbeiten im Rahmen des eigenen Hausstandes oder

 

3.     bei einer Stiftung mit Kunstbesitz der Vorteil, von diesem Kunstbesitz umgeben zu sein.

 

5Derartige Nutzungs- und Zugriffsmöglichkeiten können sich allein aus der Natur des Stiftungszwecks oder aber in Verbindung mit dem Einfluss der Familien auf die Geschäftsführung ergeben.6Inwieweit davon tatsächlich Gebrauch gemacht wird, ist nicht entscheidend.

 

(4) 1Die  Änderung  des  Stiftungscharakters  einer  Familienstiftung  durch  Satzungsänderung, gleichgültig, ob sie zu Lebzeiten oder erst nach dem Tode des Stifters erfolgt, gilt erbschaftsteuer- rechtlich als Errichtung einer neuen Familienstiftung 7 Absatz 1 Nummer 8 ErbStG). 2Dies gilt ent- sprechend, wenn durch die Satzungsänderung lediglich bisher nicht bezugs- oder anfallsberechtigte Familienmitglieder oder Dritte in den Kreis der Destinatäre aufgenommen werden und die Errichtung der Stiftung bei bereits damaliger Zugehörigkeit der neu aufgenommenen Destinatäre seinerzeit nach einer ungünstigeren Steuerklasse zu besteuern gewesen wäre. 3Die durch Satzungsänderung ent- standene „neue“ Stiftung gilt als Erwerber des Vermögens der „bisherigen“ Stiftung 7 Absatz 1

Nummer 8 ErbStG). 4Sie ist nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde ent- ferntest Berechtigten zu dem ursprünglichen Stifter (Erblasser oder Schenker) zu besteuern 15 Ab- satz 2 Satz 1 ErbStG). 5Die Aufhebung der bisherigen Stiftung wird dagegen im Aufhebungszeitpunkt nicht gesondert besteuert. 6Die bei der Errichtung der bisherigen Stiftung festgesetzte Steuer und die bereits entrichtete Ersatzerbschaftsteuer erlischt nicht. 7Die Behandlung der Satzungsänderung als Errichtung einer neuen Stiftung führt dazu, dass die 30-Jahresfrist für die Entstehung der Ersatzerb- schaftsteuer 1 Absatz 1 Nummer 4 in Verbindung mit § 9 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG) bei der bis- herigen Stiftung endet und bei der neuen Stiftung neu zu laufen beginnt. 8Eine Anrechnung der bei Er- richtung der bisherigen Stiftung festgesetzten Steuer auf die im Zeitpunkt der Satzungsänderung fest- zusetzende Erbschaftsteuer kommt nicht in Betracht.

 

(5) Wird die Familienstiftung durch Satzungsänderung in eine gemeinnützige Stiftung umgewan- delt, ist deren Erwerb nach § 13 Absatz 1 Nummer 16 Buchstabe b ErbStG steuerfrei.

 

(6) Die Ausführungen in Absatz 2 bis 4 zu Stiftungen gelten für Vereine, deren Zweck wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist (Fami- lienverein, § 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG), entsprechend.


 

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